„auschwitz ist mein mantel,
bergen-belsen mein kleid
und ravensbrück mein unterhemd.
wovor soll ich mich fürchten?“

… schrieb die Künstlerin und Autorin Ceija Stojka in einem ihrer berühmtesten Gedichte.

Nach der Veröffentlichung ihrer Biografie mit dem Titel Wir leben im Verborgenen. Erinnerungen einer Rom-Zigeunerin wurde Ceija Stojka zu einer sehr berühmten Zeitzeugin. Mit Kindern und Jugendlichen über ihre Lebensgeschichte zu sprechen, sah sie als ihre Hauptaufgabe an: Als Kind hatte sie gemeinsam mit ihrer Mutter und vier ihrer Geschwister die Konzentrationslager Auschwitz, Bergen-Belsen und Ravensbrück überlebt. Einer ihrer Brüder und viele andere Mitglieder ihrer Familie wurden ermordet. Von den 12.000 österreichischen Roma und Romnija überlebten nur etwa 2.000 den Terror des Nationalsozialismus.

„Ich habe Angst, Auschwitz könnte nur schlafen“, sagte Ceija Stojka oft. Als Reaktion auf einen Workshop mit der Zeitzeugin fertigte eine Schulklasse aus einem Gymnasium in Wien-Währing diesen Mantel für sie an. Auf der einen Seite sind Fragmente aus ihrer Lebensgeschichte zu erkennen. Auf der anderen Seite Porträts der Schülerinnen und Schüler, die damit ein Zeichen setzten, dass sie Ceija Stojka in ihrem Kampf gegen Rassismus unterstützen.

„Unsere Wurzeln san in Österreich. Des Land kann ja nix dafür. Ich liebe es, weil wenn’s nicht so g’wesen wär, warn wir ned zurückgekommen.
Das heißt, wir san vom KZ kommen, und wir ham kan Dach überm Kopf g’habt – es hat aber auch niemand g’fragt, ob ma an brauchen.
Des is fast über 50 Jahr vorbei, aber i hab des nie weglegen können. Weil ich frog mi heut nu immer, wieso, warum? Wieso is uns des passiert? Was hom wir g’macht?!“

Roma und Romnija waren während der nationalsozialistischen Herrschaft von der Schulbildung ausgeschlossen. Dennoch lernte Ceija Stojka, sich zu behaupten. Sie schrieb in den späten 1980er Jahren ihre Lebensgeschichte auf und trat damit an die Öffentlichkeit. Ihr Buch Wir leben im Verborgenen wurde zum Bestseller. Sie brach damit als erste Romni in Europa das Schweigen und schuf ein Bewusstsein für die Verfolgung und Ermordung der Roma und Romnija im Nationalsozialismus, aber auch für Ausgrenzung und Diskriminierung in der Gegenwart.

Bis dahin blieben Roma und Romnija in Österreich weitgehend unsichtbar und offener Diskriminierung ausgesetzt. Rund um die Veröffentlichung von Ceija Stojkas Buch begannen immer mehr österreichische Roma und Romnija selbstbewusst ihre Identität zu zeigen. Sie gründeten Vereine und Gruppen und kämpften für ihre Rechte. 1993 erreichten sie auch die Anerkennung als österreichische Volksgruppe. Das bedeutete Schutz als Minderheit, Schutz der Sprache und Kultur und eine amtliche Bestätigung, dass Roma und Romnija schon immer ein Teil Österreichs waren.

Ceija Stojka widmete sich zeit ihres Lebens der Erinnerung an den Massenmord an den Roma und Romnija und dem Kampf um gleiche Rechte in der Gegenwart. 2013 starb sie im Alter von 79 Jahren. Zum Gedenken an sie ist im siebenten Wiener Gemeindebezirk ein Platz nach ihr benannt.


Mit einem Auszug aus:
Ceija Stojka. Regie: Karin Berger, AT 1999, Navigator Film.


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