Was ist schon „normal“? Wer definiert das vermeintlich und aus welchem Blickwinkel heraus? Wie lassen sich neue und andere Bilder erzeugen und Barrieren abbauen – im Kopf und anderswo?

Dieses ist ein zentrales Thema des Crip Magazine, das Sie vor sich zum Durchblättern finden. Seit 2012 wird das Magazin von der Künstlerin Eva Egermann herausgegeben, mit vielen Texten und künstlerischen Beiträgen.
„Crip“ ist eigentlich ein abwertender Begriff, der aber schon in den 1970er Jahren sozusagen gekapert und selbstbewusst umgedeutet wurde. In der Ersten Republik war das Wort „Krüppel“ nicht nur negativ besetzt, bis 1938 erschien sogar elf Jahre lang eine Zeitung mit diesem Titel. In den 1920er und 1930er Jahren wurden auch die ersten Selbsthilfeorganisationen gegründet.

Die Crip-Bewegung oder Behindertenrechtsbewegung nennt sich heute auch „Selbstbestimmt-Leben-Bewegung“. Die große Videoleinwand, die sich hinter Ihnen befindet, hat einen Auswahlmonitor. Dort können Sie sich vertiefen und sich Videos zur Geschichte der Bewegung seit den 1970er Jahren in Österreich ansehen.

Das Crip Magazine hinterfragt Bilder von sogenannter Behinderung und erzeugt neue. Es geht um Selbstbestimmung und Selbstermächtigung. In der zweiten Ausgabe können Sie einen Text von Elisabeth Magdlener finden.

Sie ist Gründerin und Geschäftsführerin des Vereins CCC** – Change Cultural Concepts und im Vorstand von Ninlil – Empowerment und Beratung für Frauen* mit Behinderung*. Elisabeth Magdlener ist außerdem Kulturwissenschaftlerin und lehrt im Bereich Queer DisAbility Studies und Körperdiskurse. Sie erarbeitet unter anderem laufend unterschiedliche akademisch-aktivistische Projekte zum Thema Bewusstseinsbildung und schreibt in verschiedenen Medien zu den Thematiken. Sie ist auch Tänzerin und Mitglied der weltweiten Community-Tanzbewegung DanceAbility und sie performt bei A.D.A.M. – Austrian Dance Art Movement.

Ob in Wissenschaft, Aktivismus oder Kunst – Elisabeth Magdlener setzt sich dafür ein, dass Menschen nicht kategorisiert und abgestempelt werden:

„Was mir sehr wichtig ist, ist: Menschen dürfen nicht aufgrund eines Merkmals oder einer bestimmten Eigenschaft in Normen und Kasteln geteilt werden. Behinderung wird zu einem großen Teil von der Gesellschaft zu Behinderung gemacht und zugeschrieben. Bis zu meinem achten Lebensjahr beispielsweise, bis ich in die Schule kam, glaubten noch alle möglichen Professionist_innen immer wieder, dass ich wegen meiner körperlichen Behinderung nicht intelligent wäre. Ich war als Kind oft zurückhaltend und still. Und weil ich ein bisschen schlecht höre, reagierte ich ein bisschen langsamer. Heute bin ich Kulturwissenschaftlerin, habe einen doppelten höheren akademischen Abschluss.“

Behinderung wird größtenteils erst in der Gesellschaft gemacht. Wer wann behindert wird, hängt also von der Situation ab:

„Behinderung ist also kein fixer Zustand. Ich bin nicht ständig und nur behindert, sondern Behinderung ist immer auf die jeweilige Situation bezogen. Wenn ich meine Texte für Vorträge und Workshops auf dem Computer schreibe, bin ich in dem Moment nicht behindert. Behinderung ist auch nicht lediglich ein individueller Zustand. Oft werde ich von der Gesellschaft behindert, weil beispielsweise Gebäude nicht barrierefrei sind. Behinderung wird immer nur behinderten Menschen als Makel zugeschrieben, anstatt sie einfach als Lebensrealität wie viele andere auch anzunehmen. Behinderung betrifft aber alle Menschen. Denn alle Menschen können zu jeder Zeit und immer wieder behindert sein oder werden.“

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