Die Postkarten vor sich können Sie neu anordnen oder auch mitnehmen.

Die Fotografien stammen von Personen, die als Gastarbeiter und Gastarbeiterinnen nach Österreich gekommen waren. Einer von ihnen ist Mehmet Emir. Sein Vater war bereits 1964 als einer der ersten Gastarbeiter aus der Türkei zum Arbeiten nach Österreich gekommen. Mehmet folgte ihm 1981 nach, als er gerade einmal 16 Jahre alt war.

„Das Leben und die Arbeit meines Vaters habe ich mir ganz anders vorgestellt. Die Fotografien, die mein Vater regelmäßig aus Wien nach Hause geschickt hat, zeigten ihn gut gekleidet vor Sehenswürdigkeiten. Mein Vater erzählte auch nie von der harten Arbeit und dem Wohnen in schlecht ausgestatteten Baracken, wenn er ein- oder zweimal im Jahr zur Familie in die Türkei kam.“

In Österreich hatte sich Mehmet zumindest eine eigene Wohnung erwartet. Nun stand er in einem kleinen Zimmer, das er sich mit seinem Vater und einem Arbeitskollegen teilen musste. Er hatte davon geträumt, Fußballer zu werden. Stattdessen begann er, im Straßenbau zu arbeiten.

Alle Schwarz-Weiß-Fotos und eines der Farbfotos, die Sie hier finden können, hat Mehmet Emir in der Unterkunft gemacht, die den Arbeitern von der Firma bereitgestellt wurde. Wenn Sie die Fotos genau ansehen, können Sie das Zimmer sehen, das sich drei Männer dort teilten. Als „Tischtuch“ verwendeten sie alte türkische Zeitungen. Ein Foto zeigt den Gang des zweistöckigen, hölzernen Barackenbaus. Die Männer schlugen Nägel ein, um vor den Zimmern die Arbeitsanzüge aufzuhängen, auch die asphaltbeschmierten Schuhe stehen auf dem Gang. 20 einander gegenüberliegende Zimmer waren hier zu finden.

1964 hatte Österreich eine Anwerbestelle in Istanbul für ArbeiterInnen aus der Türkei eröffnet, zwei Jahre später folgte ein Abkommen mit Jugoslawien. Die österreichische Wirtschaft wuchs nach dem Zweiten Weltkrieg, aber es fehlten Arbeitskräfte. Ohne die ankommenden Arbeiter und Arbeiterinnen wäre der wirtschaftliche Aufschwung in Österreich in dieser Form nicht möglich gewesen.

Es waren meist schlecht bezahlte Tätigkeiten mit langen Arbeitszeiten, die von den Gastarbeitern und Gastarbeiterinnen verrichtet wurden. Die vergleichsweise schlechte Wirtschaftslage in der Türkei oder in Jugoslawien machte dies für viele noch immer zu einer besseren Alternative. Dass viele der Gastarbeiter und Gastarbeiterinnen in Österreich blieben, war nicht vorgesehen – diese Tatsache wurde lange ignoriert.

Mehmet Emir hörte nach dreieinhalb Jahren im Straßenbau auf. Eine Zeit lang lebte er vom Theaterspielen und der Musik, studierte an der Akademie der bildenden Künste. Seit vielen Jahren schreibt er für die Zeitung Augustin und arbeitet heute an der Akademie der Wissenschaften.

Hier im Museum können Sie noch eine weitere Station aufsuchen, die von Mehmet Emirs Leben und dem seiner Familie erzählt: die Videoarbeit Zwischen den Welten. Sie finden sie, wenn Sie von Ihrer jetzigen Position aus an dem Motorrad links vorbeigehen. Die Videoarbeit befindet sich danach zu Ihrer Linken unterhalb des Huts.

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