„Liebe Mutter! Es ist Mitte Weihnachten geworden – und das zweite Jahr seitdem ich von euch weg bin. Die Zeit ist rasch verflogen und oft kann ich mir nicht vorstellen, dass es schon bald zwei Jahre sind. Wie geht es euch denn? Ihr hungert wohl sehr.“

So beginnt der Brief, den Berta Grubhofer aus dem Konzentrationslager Ravensbrück an ihre Mutter und ihre Schwiegermutter adressierte. Es handelt sich nicht um einen normal verschickten Brief, sondern um einen sogenannten Kassiber: So nennt man einen heimlich aus einem Gefängnis an der Zensur vorbeigeschmuggelten Brief. Berta Grubhofers Bruder fuhr in den Nordosten Deutschlands nach Ravensbrück, um herauszufinden, wie es einer Schwester dort ging. Sie war in Haft, weil sie im kommunistischen Widerstand gegen das nationalsozialistische Regime aktiv gewesen war.

Am Lagerzaun fragte er nach seiner Schwester. Die Frau, die er dort traf, selbst ein Häftling, forderte ihn auf, am nächsten Tag wiederzukommen – und tatsächlich konnte er seine Schwester treffen. Es gelang ihr, den Brief unbemerkt zu übergeben.

Im Schreiben drückt sie ihre Sorge um ihre Mutter, aber auch um ihren Vater und ihren Verlobten aus, die ebenfalls beide in Konzentrationslagern festgehalten wurden. Sie machte nur versteckte Anspielungen auf ihre eigene Lage und überbrachte wohl auch verschlüsselte Nachrichten an den kommunistischen Widerstand. Der Brief hätte immer noch in falsche Hände geraten können, und allzu klare Aussagen hätten sie oder ihren Bruder in Gefahr bringen können. „Das Leben ist ja so teuer (oder billig?)“, schreibt sie etwa.

Berta Grubhofer war früh im kommunistischen Jugendverband aktiv gewesen, später in der kommunistischen Partei. Bereits in der Zeit der Dollfuß-Schuschnigg-Diktatur und noch als Jugendliche war sie wegen ihrer politischen Aktivitäten eingesperrt worden.

Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme 1938 organisierte sie Fluchtmöglichkeiten für Mitglieder der kommunistischen Partei und kam erneut in Haft. Aber auch danach blieb sie im kommunistischen Widerstand aktiv. Sie verbreitete Flugblätter, sammelte Unterstützung für Inhaftierte oder deren Angehörige und arbeitete schließlich an der Einrichtung einer Sendestation in Oberösterreich. 1943 wurde sie verhaftet und ins Konzentrationslager Ravensbrück verbracht.

Ihr Verlobter und späterer Mann, Josef Lauscher, war in den Konzentrationslagern Dachau, Flossenbürg und Mauthausen in Haft. Wenn Sie später zur nächsten Station weitergehen, finden Sie dort ganz in der Nähe, in der Installation rechts an der Wand, ein Portrait. Es handelt sich um ein Portrait von Josef Lauscher, das im KZ entstand.

Berta Grubhofers Vater starb im KZ Dachau, sie und Josef Lauscher überlebten die Konzentrationslager. Später heirateten die beiden. Berta Lauscher blieb politisch aktiv. Im Rahmen der Österreichischen Lagergemeinschaft Ravensbrück engagierte sie sich für die Aufklärung über die Verbrechen des Nationalsozialismus und die Verfolgung von Frauen. Sie verstarb 1984.

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