Industrialisierung und Arbeit: Umweltschutz ist noch kein Thema
Vor sich sehen Sie das Porträt von Marie Toth.
Marie Toth musste wie viele andere Kinder und Jugendliche ihrer Zeit in einer Ziegelfabrik schwer arbeiten.Im Süden Wiens gab es reiche Lehmvorkommen, hier entstanden im Lauf des 19. Jahrhunderts mehrere Ziegelwerke. Von einem der größten Unternehmen allein konnten im ausgehenden 19. Jahrhundert bis zu 225 Millionen Ziegel in einem Jahr produziert werden. Der Abbau von Lehm und die ständig in Betrieb stehenden Brennöfen veränderten die Natur und Landschaft des Wienerberg stark.
Ziegel waren gefragt: In Wien wurde viel gebaut, immer mehr Menschen zogen in die Hauptstadt der Habsburgermonarchie. Auch das Gebäude, in dem Sie sich gerade befinden, begann man in dieser Zeit zu errichten.
In ihrer Autobiografie beschreibt Marie Toth die Arbeitsbedingungen in den Ziegelfabriken, die besonders hart waren. Aber auch in anderen Fabriken arbeiteten Menschen oft unter katastrophalen Bedingungen.
An einer Seite dieses Raums befindet sich eine Tribüne, darüber können Sie viele Plakate sehen. Es handelt sich um Wahlwerbung aus dem Jahr 1919. Das Thema Arbeit kommt auf einigen Plakaten vor. Das Thema Umweltschutz sucht man jedoch vergeblich unter den politischen Forderungen dieser Zeit. Dennoch formierten sich Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts die ersten Naturschutzbewegungen.
Ab dem 18. Jahrhundert veränderten sich die Natur und die menschliche Gesellschaft grundlegend – durch die von Europa ausgehende Industrialisierung.
Mit der Erfindung der Dampfmaschine und anderer Technologien konnte immer mehr und schneller produziert werden. Auf dem ganzen Kontinent wurden Fabriken gebaut und Eisenbahnschienen verlegt. Immer mehr Menschen lebten in Städten, die Bevölkerung wuchs.
Mit der Industrialisierung stieg der Energieverbrauch. Die Produktion von Eisen und Stahl und der Bau von Maschinen benötigten Unmengen an fossilen Brennstoffen. Kohle wurde eingesetzt, deren Verbrennung die Luft verschmutzte. Auch Böden und Gewässer wurden belastet.
Nach 1945 beschleunigten sich diese Prozesse ein weiteres Mal. Ein breiteres öffentliches Bewusstsein für diese tiefgreifenden Veränderungen der Natur setzte sich erst um 1970 durch.