Die demokratische Republik, die 1918 ausgerufen worden war, hatte nur 15 Jahre Bestand. Von 1933 bis 1934 war Österreich zu einer Diktatur umgebaut worden.

Vor sich sehen Sie einen „Spanischen Reiter“, ein polizeiliches Absperrgitter, das man auseinanderziehen und aufstellen kann. An der Rückwand darüber und links daneben sehen Sie Fotos, die zeigen, wie solche Absperrungen zum Einsatz kamen. Etwa am 1. Mai 1933, als Mai-Aufmärsche verhindert wurden und damit das Recht auf Versammlungsfreiheit eingeschränkt wurde.

Schon im Lauf der 1920er Jahre waren immer mehr Stimmen laut geworden, die sich gegen Parlamentarismus und Demokratie richteten. Viele Politikerinnen und Politiker und auch Medien behaupteten, die Demokratie sei nicht in der Lage, Probleme zu lösen. Kompromisse wurden als Schwäche dargestellt, die Notwendigkeit zur Zusammenarbeit als Blockade. Dazu kam, dass die Parteien im Parlament kaum mehr zu Kompromissen bereit waren. Politische Auseinandersetzungen wurden zunehmend auf der Straße ausgetragen.

Am 4. März 1933 kam es zu einem folgenschweren Ereignis: Bei einer knappen Abstimmung im Parlament traten alle drei Nationalratspräsidenten zurück, um als einfache Abgeordnete mit ihren Parteien mitstimmen zu können. Die Regierung unter Bundeskanzler Engelbert Dollfuß nutzte diese Gelegenheit, um ein erneutes Zusammentreten des Nationalrats zu verhindern, und sprach von einer „Selbstausschaltung“ des Parlaments. Die Gesetze wurden nun von der Regierung allein, ohne das Parlament, beschlossen.

Ab diesem Zeitpunkt wurde Schritt für Schritt die Demokratie abgebaut, grundlegende Rechte wurden außer Kraft gesetzt. Die Zensur und die Todesstrafe wurden wiedereingeführt, der Verfassungsgerichtshof wurde handlungsunfähig gemacht. Die kommunistische und die nationalsozialistische Partei wurden 1933 verboten. Im Februar 1934 versuchten bewaffnete Verbände der Sozialdemokratie, die Regierung mit Waffengewalt zu bekämpfen – erfolglos. Gleich danach wurde auch die Sozialdemokratische Partei verboten.
Gegnerinnen und Gegner des Regimes wurden unter Druck gesetzt – viele flohen ins Exil, einige wurden eingesperrt.

Die Abschaffung der Demokratie war ein offenes Ziel der Regierung. Dies stellte Dollfuß bei einer Rede am 11. September 1933 klar:

„Die Zeit liberal kapitalistischer Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung, die Zeit marxistischer Volksverführung, die Zeit demagogischer Volksführung und absoluter Parteienherrschaft ist vorüber. Wir wollen den sozialen christlichen deutschen Staat Österreich auf ständischer Grundlage unter starker autoritärer Führung. Führer sind uns dabei die Liebe zum Vaterland, Führer ist uns dabei der Glaube Österreich über alles, wenn es nur will.“

Im Mai 1934 wurde eine neue Verfassung in Kraft gesetzt, die das Ende der Demokratie auch formal besiegelte. In der rechten Tischvitrine sehen Sie hinten links eine Ausgabe dieser Verfassung.

Antidemokratische Vorstellungen waren in den 1930er Jahren sowohl in der Politik als auch in der Gesellschaft weitverbreitet. In ganz Europa entstanden diktatorische und faschistisch geprägte Staaten. In Italien etwa war unter Benito Mussolini ab 1922 ein faschistischer Staat errichtet worden, in Deutschland war die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei unter Adolf Hitler seit 1933 an der Macht.

Kanzler Engelbert Dollfuß wurde 1934 bei einem nationalsozialistischen Putschversuch ermordet, ihm folgte Kurt Schuschnigg, der bis zum sogenannten „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland im März 1938 an der Macht blieb.


Mit einem Auszug aus:
Die Trabrennplatzrede – Ansprache von Bundeskanzler Engelbert Dollfuß mit Prinzipienerklärung des autoritären Regimes am 11. September 1933, Österreichische Mediathek.