Zeichen der Zivilgesellschaft: Das Lichtermeer
Bis zu 300.000 Menschen versammelten sich am 23. Jänner 1993 auf dem Wiener Heldenplatz, um ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit zu setzen. Beim „Lichtermeer“ handelt es sich um die größte Massenkundgebung der Zweiten Republik. Die neu gegründete Initiative SOS Mitmensch hatte sie organisiert.
„Ich möchte mich bei den vielen freiwilligen Helferinnen und Helfern von SOS bedanken, und ich möchte Sie einladen, von heute an Aktivisten dieser Bewegung zu sein. Denn es ist nicht mit dem heutigen Abend getan. Die Veranstaltung an diesem Ort ist zu Ende, aber in unseren Herzen, in unseren Köpfen muss sie weitergehen und wird sie weitergehen. Machen wir uns an die Arbeit für ein Klima des Miteinanders, für eine neue Politik: ‚Ausländer‘ und ‚Inländer‘ miteinander in diesem Land.“
Das forderte ein prominenter Unterstützter der Initiative, der Künstler André Heller. Ein erklärtes Ziel der Organisatorinnen und Organisatoren war die Umdeutung des Heldenplatzes. Dem Bild der jubelnden Menge vom März 1938 sollte das Bild einer Menschenmenge gegenüberstehen, die sich für Solidarität und gegen Rassismus einsetzte.
Aber aus welchem Anlass gingen damals so viele Menschen auf die Straße?
Es war eine Reaktion auf das von der FPÖ unter Jörg Haider initiierte Volksbegehren mit dem Titel „Österreich zuerst“. Zu den Forderungen zählten unter anderem ein Einwanderungsstopp und restriktivere Maßnahmen gegenüber sogenannten Ausländern. Mit einer Eintragungsquote von sieben Prozent der Wahlberechtigten blieb der Erfolg hinter den Erwartungen zurück.
Ein Volksbegehren ist im Grunde ein demokratisches Instrument. Aber kann ein demokratisches Mittel antidemokratische Ziele verfolgen?
In diesem konkreten Fall richten sich die Inhalte gegen eine Bevölkerungsgruppe, die eine Minderheitenposition einnimmt. Menschen, die Asyl beantragen, sind mit weniger Rechten und Möglichkeiten ausgestattet und auf Schutz angewiesen. Asyl bezeichnet einen Schutzstatus für Menschen, die vor Verfolgung oder einer lebensbedrohenden Situation fliehen. Die Erfahrungen, die zu Zeiten des Nationalsozialismus gemacht wurden, als kein Land jüdische Flüchtlinge einreisen lassen wollte und so Millionen Menschen dem Holocaust ausgeliefert wurden, mündeten 1951 in die Ausarbeitung der Genfer Flüchtlingskonvention. Bis heute bildet sie die Grundlage des internationalen Flüchtlingsrechts. Aber schon die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte betont, dass Asylsuchende geschützt werden müssen.
Mit einem Auszug aus:
Das "Lichtermeer" am Heldenplatz - Version 1, Österreichische Mediathek.