Konsens statt Konflikt: Die Sozialpartnerschaft
Sie sehen hier ein Spiel, das den Zeitgeist der 1950er Jahre einfängt. Ziel dieses Spiels mit dem Titel Die klugen Staatsbürger ist es, mit vereinten Kräften eine Gemeinde aufzubauen. Alle helfen mit und sind wichtig: Angestellte, Arbeiter und Arbeiterinnen, Landwirte, Landwirtinnen, Ärzte, Ärztinnen, Handwerker, Handwerkerinnen und Gewerbetreibende. Konsens statt Konflikt steht dabei im Vordergrund.
Dies ist auch der Ansatz der seit 1946 existierenden Sozialpartnerschaft. Sie ist eine Besonderheit der österreichischen Demokratie. Arbeitgebervertretungen – also Wirtschaftskammer und Landwirtschaftskammer – treffen sich regelmäßig mit Arbeitnehmervertretungen – also Arbeiterkammer und Gewerkschaftsbund – gemeinsam mit der jeweiligen Regierung am Verhandlungstisch, um Kompromisse im Bereich der Sozial- und Wirtschaftspolitik auszuhandeln.
Bald nach 1945 schalteten sich diese vier Organisationen aktiv in die Wirtschaftspolitik ein, um einer Inflation und Rezession gegenzusteuern. Sie fixierten Preise von Produkten sowie Lohnsätze in sogenannten Lohn-Preis-Abkommen. Damit sollte versucht werden, die Lebenshaltungskosten und die Löhne der Arbeitenden einander anzugleichen. Und es sollte verhindert werden, dass sich der Vertrauensverlust in die Regierung und die gesellschaftliche Spaltung der Ersten Republik wiederholten. Die Idee bestand darin, durch Verhandlungen einen breiten Konsens zu erzielen, der für möglichst viele günstig sein sollte.
Auch wenn sie heute im Vergleich zu den 1960er und 1970er Jahren an Einfluss verloren hat, spielt die Sozialpartnerschaft nach wie vor eine wichtige Rolle, etwa wenn es um die Verhandlung von Kollektivverträgen oder um Ausbildungsfragen geht. In die Kritik geriet sie wegen intransparenter Entscheidungen, an denen nur wenige Entscheidungstragende beteiligt sind, oder wegen des Vorwurfs, keine Reformen umsetzen zu wollen. Die Sozialpartnerschaft ist nicht gesetzlich geregelt, sondern basiert auf informellen Regelungen.
Auf der rechten Seite der weißen Würfel, auf denen das Streik-Plakat hängt, finden Sie eine Statistik zu Streiks in Österreich. In der Zweiten Republik wurde in Österreich sehr wenig gestreikt, weniger als in jedem anderen EU-Land. Die einzige Ausnahme bildete das Jahr 2003 – hier fanden Streiks gegen die Pensionsreform statt, die ohne sozialpartnerschaftlichen Konsens durchgesetzt wurde.
Der Verzicht auf Streiks wird heute – nicht zuletzt aufgrund der starken Position der Sozialpartnerschaft – als etwas typisch Österreichisches betrachtet.