„Mann und Frau sind nunmehr gleichberechtigte Staatsbürger geworden. Frauen, prägt euch das tief in euer Herz ein! Der Republik verdankt ihr eure Freiheit, eure Gleichberechtigung. […] Seit dem 12. November gibt es keine politisch rechtlosen Frauen mehr!“

So stand es in der Arbeiterinnen-Zeitung zu lesen, eine Woche nach der Ausrufung der demokratischen Republik im November 1918. Adelheid Popp war Redakteurin dieser Zeitung, die sich für arbeitende Frauen einsetzte, und hatte sie als junge Frau mitbegründet. Nach den Wahlen im Februar 1919 zog sie mit 49 Jahren als eine der ersten acht Frauen ins Parlament ein – sie war die allererste Frau, die im Parlament eine Rede hielt.

Mit nur zehn Jahren musste sie die Schule verlassen, um Geld zu verdienen: als Dienstmädchen und später als Heim- und Fabrikarbeiterin. Sie kam früh mit den Ideen der Sozialdemokratie in Berührung und begeisterte sich für diese Bewegung, weil diese sich für die Verbesserung der oft katastrophalen Lebens- und Arbeitsbedingungen von Arbeitern und Arbeiterinnen einsetzte. Ende des 19. Jahrhunderts war eine Sechs-Tage-Woche mit einer täglichen Arbeitszeit von zwölf Stunden keine Seltenheit, dazu kamen gefährliche Arbeitsbedingungen, schlechte Bezahlung und völlig unzumutbare Wohnverhältnisse.

Mit Anfang 20 hielt Adelheid Popp ihre erste öffentliche Rede und prangerte die Ausbeutung der Arbeiterinnen an. Von da an sprach sie regelmäßig bei Versammlungen und wurde zu einer zentralen Figur der sozialdemokratischen Frauen- und ArbeiterInnenbewegung.

In der Monarchie war es Frauen verboten gewesen, sich politisch zu organisieren. Dennoch hatten sich Ende des 19. Jahrhunderts Frauenbewegungen formiert, die ihr Recht auf Mitbestimmung und Gleichberechtigung einforderten. Immer wieder wurde Adelheid Popp angezeigt oder auch eingesperrt für ihren politischen Einsatz – sie ließ sich davon aber nicht beirren.

Das Frauenwahlrecht war ein zentrales Anliegen der Frauenbewegungen: Mit der Gründung der Republik 1918 wurde es Realität.

Nach vielen Jahren des unermüdlichen Kämpfens begann für Adelheid Popp mit dem Einzug ins Parlament im Jahr 1919 ein neuer Abschnitt. In dieser frühen Phase der Ersten Republik wurden viele Forderungen zum besseren Schutz von Arbeitern und Arbeiterinnen umgesetzt.

Ihre frauenpolitischen Forderungen konnte sie jedoch größtenteils nicht umsetzen, wie die gänzliche Gleichstellung von Mann und Frau, eine Reform des Eherechts oder die Straffreiheit des Schwangerschaftsabbruchs. Erst in den 1970er Jahren wurde vieles gesetzlich verankert, was sie bereits in den 1920er und 1930er Jahren gefordert hatte.

1933 zog sich Adelheid Popp aus dem öffentlichen Leben zurück, sie verstarb 1939 im Alter von 70 Jahren.

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